Die Hoffnung der Kommunen und Kreise auf das ‚Sondervermögen‘ gibt es nur bei ‚Kriegstüchtigkeit‘

17. August 2025

Investitionslücke der Gemeinden

Das Ergebnis der jährlichen Untersuchung im Auftrag der KfW(Frühere Kreditanstalt für Wiederaufbau) prognostiziert den deutschen Landkreisen und Kommunen düstere Aussichten. So stellt die KfW eine Investitionslücke von 215,7 Milliarden Euro fest. Ein Anstieg von 29,6 Mrd. oder 15,9% gegenüber dem Vorjahr. Zusammen gefasst, bestehen die größten Bedarfe bei der „Sanierung und dem Ausbau der Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur, dem Erhalt und der Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, dem Ausbau der Energieinfrastruktur“ als auch in Kliniken, Digitalisierung, Forschung etc., so steht es im Entwurfstext des ‚Gesetzes zur Finanzierung von Ländern und Kommunen‘ des Bundesfinanzministeriums vom 6. Juni dieses Jahres.
Und wirklich; die Kommunen brauchen, so die Studie der KfW, 67.8 Mrd. beim Schulbau. Außerdem fehlen 53,4 Mrd. für die Instandsetzung von Straßen und Verkehrsinfrastruktur, sowie entsprechendes Personal für Planung und Umsetzung. Nun erhoffen sich viele Kommunen ihre Finanzlücken durch das sogenannte „Sondervermögen Infrastruktur“ stopfen zu können. Der neue Artikel des Grundgesetzes 143 h ist die Grundlage für „ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung von bis zu 500 Milliarden Euro für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur“. 100 Milliarden davon sollen den Bundesländern und Teile davon wiederum den Kommunen zur Verfügung stehen. Mindestens 60 Prozent, „der auf das jeweilige Land entfallenden Mittel für Investitionen“ so das Finanzministerium, sollen den Kommunen zu Gute kommen. Der Showstopper; die Mittel aus dem „Sondervermögen“ sind ausschließlich für zusätzliche Investitionen vorgesehen. (vgl.: junge Welt, 02.07.25)

Zusätzliche Investitionen sind Investitionen zur Kriegsvorbereitung

In einem hoffentlich „fiktiven“ Szenario welches in dem „Grünbuch ZMZ 4.0“ (PDF) detailliert ausgeführt wird, werden militärische Truppen aus ganz Europa in einer Stärke von ca. 800000 Soldatinnen und Soldaten mit Gerät, Material und Munition im Mai 2030 an die „Ostflanke“ der NATO verlegt. (vgl.S.28) Dazu bedarf es des Host Nation Supports (HNS) durch, wie es heißt, des „Gastlandes“. Vielfältige Unterstützungsleistungen sind nötig und werden aufgeführt. Hierzu ein längeres Zitat: „Dies stellt neue Herausforderungen in Bezug auf Res­sourcen und Finanzierung dar, erfordert aber auch dezentrale, pragmatische Lösungen auf lokaler Ebene, um die notwendige militärische Unterstützung effizient sicherzustellen.“ (S.28) „ Ein Beispiel dafür sind schwere Ketten­fahrzeuge, die für das Gefechtsfeld optimiert sind: Diese Fahrzeuge würden bei einem langen Marsch über Straßen nicht nur erhebliche Ab­nutzung an sich selbst, sondern auch an der Infrastruktur verursachen. Um diesen Proble­men entgegenzuwirken, werden verschiedene Transportmittel kombiniert – Straße, Schiene, Luft und See –, wodurch der Aufmarsch so­wohl zeitlich als auch ressourcentechnisch opti­miert werden kann. Doch diese Vorgehenswei­se bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich, insbesondere die Notwendigkeit, Personal, Material und Munition am Zielort wieder zu­sammenzuführen, sowie den erhöhten Schutz­bedarf während des Transports. Die Pläne der NATO sehen dabei vor, dass im Bündnisfall bis zu 800.000 Soldatinnen und Soldaten mit ihren Fahrzeugen von West nach Ost verlegt werden müssen.“ (28/29)
„Die konkreten Leistungen des HNS umfassen dabei eine breite Palette von Unterstützungs­maßnahmen, die in Verlegesituationen es­senziell sind. Dazu zählen unter anderem die logistische Unterstützung durch Verpflegung, die Bereitstellung von Betriebsstoffen, Über­nachtungs- und Abstellkapazitäten, die Unter­stützung bei Wartung und Sicherung sowie die medizinische Versorgung. Bei groß angelegten militärischen Aufmärschen kommt eine wei­tere, nicht zu unterschätzende Aufgabe hinzu: die Verkehrslenkung und Gefahrenabwehr, ins­besondere angesichts der wachsenden Bedro­hung durch hybride Kriegsführung, wie sie sich bereits in der Ausgangslage durch Störungen realisiert. Die Sicherheit der Truppen während ihres Transits und die effektive Verwaltung des Verkehrsflusses sind in solchen Situationen von entscheidender Bedeutung, um die militärische Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.“ (S.29) (Grünbuch ZMZ 4.0)

Die notwendigen finanziellen Mittel hierfür werden wahrscheinlich aus dem „Sondervermögen“ geschöpft werden. Eine Beschlussvorlage aus dem Verkehrsministerium scheint dies zu bestätigen.

„Eine verlässliche Mittelausstattung für die zivile Verkehrsinfrastruktur ist auch eine unabdingbare Voraussetzung für eine belastbare Krisenresilienz sowie die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.“ So hieß es in der Beschlussvorlage für die Verkehrsministerkonferenz. (jw.,2.04.25)

So schreibt Wolfgang Bittner auf den „Nachdenkseiten“ was er in seiner Lokalzeitung lesen mußte: „Im ‚Verteidigungsfall wäre Niedersachsen ein Zentrum für die Logistik der Bundeswehr‘ und mit dem ‚Operationsplan Deutschland‘ bereite sich das Land auf eine ‚mögliche kriegerische Auseinandersetzung‘ vor. (Vorbereitungen auf den Krieg – Es sind Psychopathen, die ihre Bevölkerungen ins Unglück stürzen wollen | Veröffentlicht am: 13. März 2025)

„Der Operationsplan Deutschland, „ist ein Gesamtverteidigungskonzept für die »Drehscheibe Deutschland«, bei dem der Heimatschutz im Vordergrund steht.“ (jw; 30.01.25)

Weiter schreibt Bittner: „Im Ernstfall werde die militärische Nutzung von Krankenhäusern, Bahnverbindungen und Autobahnen Vorrang haben. Überprüft werden müsse noch, ob die Verkehrswege ausgebaut werden müssen (hier würde dann wohl ein Teil der für Strukturmaßnahmen vorgesehenen 500 Milliarden zum Einsatz kommen).“ Schon klar ist seit der letzten Bundesregierung, nachzulesen in der ‚Rahmenrichtlinie Gesamtverteidigung‘ „Die Länder haben ergänzende Maßnahmen zur gesundheitlichen Versorgung im Verteidigungsfall zu planen.“(S.34) Im Zusammenhang mit dieser Debatte, stellte Minister Lauterbach damals fest, „dass das Gesundheitswesen in Deutschland bei einem Massenanfall von Verwundeten in Europa als Drehscheibe fungiere.“ (aus Broschüre gegen die Militarisierung des Gesundheitswesen; vdaeae.de) Darüber hinaus „im Rahmen des Bevölkerungsschutzes spielen die zivilen Hilfsorganisationen eine zentrale Rolle. Die fünf im Bevölkerungsschutz mitwirkenden anerkannten Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG), Johanniter-Unfallhilfe und Malteser Hilfsdienst wollen ihre im Operationsplan formulierte patriotische Pflicht erfüllen, sehen aber mit Blick auf die Zeitenwende keine dieser nationalen Aufgabe entsprechende Finanzierung der Maßnahmen: »Für die Stärkung der Resilienz der Gesellschaft und die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Katastrophenschutzes bei einem gleichzeitigen Ausbau der Fähigkeiten im Zivilschutz braucht es dringend Investitionen« (Johanniter-Geschäftsstelle, 11.9.2024).“ (jw; 30.01.25)

Das ‚Sondervermögen‘ als monetäre Hilfe für mentale ‚Kriegstüchtigkeit‘

Und so nimmt die „Kriegstüchtigkeit“ auch in der Zivilgesellschaft ihren Lauf. Während das Gesundheitssystem ebenso wie die öffentliche Infrastruktur und zivile Hilfsorganisationen unter chronischen Geldmangel leiden, gibt ihnen die Umstellung der gesamten Gesellschaft auf einen möglichen Kriegsfall doch noch Hoffnung auf eine nötige Geldspritze. In den nächsten Monaten und Jahren werden wir erleben wie Kommunen und Landkreise Ansprüche auf Teile des Sondervermögens erheben, mit der Begründung zur „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands beizutragen. Unsere Mitglieder und Fraktionen in den Kommunalparlamenten sollten sich darauf vorbereiten und nicht versäumen permanent auf die Gefährlichkeit der ganzen Entwicklung hinzuweisen. Die LINKE ist die Antikriegspartei.